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Gewusst wie! Der korrekte Umgang mit den Arbeitszeiten

Gewusst wie! Der korrekte Umgang mit den Arbeitszeiten

Der korrekte Umgang mit den Arbeitszeiten von Assistenz- und Oberärzt:innen ist eine Herausforderung, welche noch grösser wird, wenn eine Arbeitnehmerin schwanger ist. Umso wichtiger ist es, sich mit diesem zugegebenermassen komplexen Thema auseinanderzusetzen. Hierzu hat der vsao bei Prof. em. Dr. iur. Dr. h.c. Thomas Geiser, einem in Juristenkreisen bekannten Arbeitsrechtsexperten, zwei Gutachten in Auftrag gegeben. Das erste Gutachten befasst sich mit allgemeinen Fragen zum korrekten Umgang mit Arbeitszeiten von medizinischem Personal in Spitälern, während das zweite Gutachten der Frage nachgeht, wie die besonderen Bestimmungen zum Mutterschutz in der Praxis anzuwenden sind.

Der korrekte Umgang mit Arbeitszeiten im Allgemeinen

Vorweg eine kurze Übersicht zur Unterscheidung von Überstunden und Überzeit: Arbeitsstunden, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit übersteigen, sind Überstunden. Die vertragliche Arbeitszeit wird meist im Einzelarbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag definiert. Dagegen gilt als Überzeit jene Arbeitszeit, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit gemäss dem Arbeitsgesetz überschreitet. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt bei Assistenz- und Oberärzt:innen 50 Stunden pro Woche.

Das erste Gutachten von Prof. Geiser befasst sich unter anderem mit der Frage der Kompensation angefallener Überzeiten. Darf der Arbeitgeber beispielsweise kurzfristig und einseitig die stundenweise Kompensation von Überzeit anordnen? Nein, das darf er nicht. Insbesondere darf er nicht eigenmächtig die Kompensation anordnen, sondern benötigt stets die Einwilligung von betroffenen Arbeitnehmenden. Für die Praxis sind somit folgende Punkte zu beachten:

  • Die wöchentlich entstandene Überzeit ist entweder mit der Zustimmung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin mit Freizeit zu kompensieren oder mit einem Ansatz von 125% zu vergüten.
  • Das Spital als Arbeitgeber muss zwingend die Arbeitszeiten einschliesslich der bezogenen Pausen dokumentieren. Aus den Dokumenten muss ersichtlich sein, wann ordentliche Arbeitszeit und wann Überzeit geleistet wurde. Zudem muss ersichtlich sein, durch welche Freizeit allfällige Überzeiten kompensiert wurden, falls eine Kompensation erfolgt ist.
  • Die Mitarbeitenden haben Anspruch, jederzeit darüber informiert zu werden, wie viele Überzeit entstanden ist und welche Überzeiten durch Freizeit ausgeglichen wurden.
  • Minuszeit darf grundsätzlich nicht mit Überzeit kompensiert werden. Wenn jedoch Überzeiten mit später entstandenen Minusstunden kompensiert werden, ist dies zulässig, sofern der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin im Einzelfall seine/ihre Zustimmung erteilt.
  • Es ist nicht erlaubt, der Arbeitgeberin im Arbeitsvertrag oder allgemeinen Anstellungsbedingungen das Recht einzuräumen, einseitig die Kompensation von Überzeit anzuordnen. Für eine Kompensation der Überzeit wird das Einverständnis der im konkreten Fall betroffenen Arbeitnehmenden benötigt!
  • Die Kompensation hat als «echte» Freizeit zu erfolgen. Pikettdienst oder ähnliches dürfen während der Kompensation nicht angeordnet werden.
  • Die Kompensation hat gemäss dem Arbeitsgesetz innert 14 Wochen zu erfolgen. Diese Frist kann auf zwölf Monate verlängert werden, wenn Arbeitnehmende und Arbeitgebende einverstanden sind.

Der korrekte Umgang mit Arbeitszeiten bei schwangeren und stillenden Frauen

Schwangere und stillende Frauen dürfen gemäss Arbeitsgesetz maximal neun Stunden pro Tag arbeiten. Da es sich dabei um eine absolute Verbotsnorm handelt, hält weder das Gesetz noch die Rechtsprechung Lösungen bereit für den Fall, dass doch mehr als neun Stunden pro Tag anfallen. Die Praxis sieht aber anders aus. Die schwangere Assistenzärztin operiert auch nach neun Stunden im Operationssaal weiter, näht Wunden auf der Notfallstation oder ist mit Patientenberichten beschäftigt. Folgende Punkte sind in diesem Fall zu beachten:

  • Stunden, die eine schwangere oder stillende Frau mehr als 9 Stunden pro Tag arbeitet, sind geleistete und damit zu bezahlende Stunden.
  • Verträge, die eine 50-Stunden-Woche vorsehen, führen zu einer Reduktion der vertraglichen Sollarbeitszeit auf 45 Stunden. Der Lohn bleibt dabei gleich!
  • Der Umstand, dass die schwangere Frau nur 9 Stunden pro Tag arbeiten darf, aber arbeitsvertraglich allenfalls eine höhere Sollarbeitszeit festgelegt wurde, darf nicht zu Minusstunden oder Lohnkürzungen führen.
  • Die schwangere Assistenz- und Oberärztin hat das Recht der Arbeit fern zu bleiben. Liegt keine Arbeitsunfähigkeit im medizinischen Sinne vor, besteht kein Anspruch auf Lohn.

Weiterführende Informationen finden Sie in den Links unten. vsao-Mitglieder profitieren von einer kostenlosen Rechtsberatung zu arbeitsrechtlichen Themen – nutzt diese!

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