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Diskriminierung

Hinsehen – und handeln!

Ärztinnen und Ärzte erleben Diskriminierung bei der Arbeit in unterschiedlichsten Formen. Einige sind klar und rechtlich fassbar, andere subtil und diffus. Ob so oder so: Wir akzeptieren Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund in keiner Art. Denn sie verletzt die Rechtsgleichheit und schadet nicht nur der einzelnen Person, sondern auch der Qualität der Spitäler und Kliniken.

Mit unserer Broschüre sensibilisieren wir für das Thema, erklären seine Ausprägungen und zeigen Lösungen. Lösungen für den Arbeitgeber genauso wie und vor allem für Betroffene.

Vier Fragen an …

… Laetitia Dacorogna, Leiterin Fachstelle Diversity & Inclusion, Universitätsspital Zürich (USZ).

Frau Dacorogna, wenn Sie die Beispiele für Diskriminierung in unserer Broschüre lesen:
Was geht Ihnen durch den Kopf?

Die Fälle zeigen, wie wichtig es ist, dass Spitäler ihre Angestellten aktiv schützen. Dafür empfehlen sich folgende Massnahmen:

  • klare Haltung des Managements gegen Diskriminierung und sexuelle Belästigung;
  • Reglemente sowie Merkblätter, die verdeutlichen, dass man ein solches Verhalten von bzw. gegenüber Mitarbeitenden und Patientinnen und Patienten nicht toleriert;
  • Anlaufstellen für Betroffene schaffen und kommunizieren;
  • Vorgehen festlegen, wie Verstösse geahndet werden;
  • Sensibilisierung der Mitarbeitenden und insbesondere auch der Führungskräfte, beispielsweise durch regelmässiges Informieren, Schulungen und Vertiefungsworkshops.

Hinzu kommt, Verhaltens- und Führungsgrundsätze zu definieren und vorzuleben, welche eine respektvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe fördern.

Sind besonders Spitäler Haifischbecken für die Diskriminierung von Mitarbeitenden?

Das wäre zu pauschal gesagt. Davon abgesehen muss man differenzieren, ob es sich um ein Fehlverhalten von Patientinnen und Patienten gegenüber Mitarbeitenden handelt und umgekehrt oder um Diskriminierung zwischen Mitarbeitenden. (Unbewusste) Diskriminierung findet in allen Branchen statt. Gewisse Aspekte können sie aber in Teams begünstigen, etwa wenn keine offene Fehlerkultur herrscht, bei sehr hierarchischen Strukturen und wenn ein direktiver Führungsstil ohne grosses Mitspracherecht vorherrscht.

Spitäler sind im Vergleich zu anderen Betrieben oft hierarchischer geführt. Das kann dazu führen, dass diskriminierendes Verhalten seltener angesprochen oder unterbunden wird, aus Angst vor negativen Konsequenzen für die eigene Karriere.

Was unterscheidet die Diskriminierung in Spitälern von jener in anderen beruflichen Umfeldern?

In einem Spital begegnen Mitarbeitende mit Patientinnen- und Patientenkontakt den unterschiedlichsten Menschen, und sie sind sich im Rahmen der Behandlung oft auch physisch nahe. Ausserdem stehen Patientinnen und Patienten zum Teil unter starkem Medikamenteneinfluss. Was unter Umständen mit geistiger Verwirrtheit bis hin zu einem Kontrollverlust einhergeht. Ob es häufiger zu Diskriminierung kommt als in anderen Branchen, kann ich nicht beurteilen. Möglicherweise ist durch diese Rahmenbedingungen das Risiko in Spitälern aber grösser. Generell muss man branchenunabhängig von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen.

Was muss sich ändern?

Entscheidend ist die Unternehmenskultur. Wenn im Team Vertrauen herrscht, spricht man die Vorkommnisse gegenüber Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten eher an und steht gemeinsam gegen Verfehlungen ein. Täter werden dadurch weniger geschützt und mutmassliche Täterinnen halten sich im Idealfall zurück.

Spitäler müssen bei diesem Thema noch mehr daran arbeiten, das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen und Opfer zu schützen. Das kann man unterstützen, indem man Meldungen von Diskriminierung und/oder sexueller Belästigung jederzeit ernst nimmt und ein sauberes Verfahren stattfindet – mit Sanktionen bei erkanntem Fehlverhalten. Eine angstfreie Zusammenarbeit sollte durch Feedback-Prozesse gefördert werden, als Chance zur stetigen Verbesserung.