Runder Tisch: Jetzt geht es um die Bürokratiereduktion
Seit dem letzten Update zum Runden Tisch des vsao im Oktober 2023 hat sich vor allem im Themenbereich Bürokratie einiges getan. Um konkrete Beispiele zu finden, wie sich die administrative Last auswirkt und in welchen Bereichen sie am meisten drückt, haben wir auch auf Wunsch und Anregung der Teilnehmenden des Runden Tisches bereits im Spätsommer 2023 eine Umfrage unter den vsao-Mitgliedern lanciert. Die Auswertung der rund siebenhundert Antworten mit viel Text, den es zu codieren galt, war aufwändig, aber ergiebig.
Die Verteilung der Antwortenden war repräsentativ für die vsao-Mitglieder: die grössten Gruppen waren mit knapp 50% die Assistenzärzt:innen, mit rund 25% die Oberärzt:innen und mit je ca. 8% die Leitenden und die selbstständigen Ärzt:innen. Die Einstiegsfrage «Müssen Sie bei der Arbeit regelmässig ein Faxgerät benutzen?» beantworteten 17% mit Ja. Nachdem das Faxgerät zu Pandemiezeiten zu einem Running Gag geworden war, hätte hier sogar eine höhere Zahl erwartet werden können, allerdings sind auch 17% im Jahr 2023 bei Lichte betrachtet immer noch sehr hoch.
Die schwerwiegendsten Probleme allerdings liegen anderswo. Viele der von den Antwortenden genannten Beispiele für übermässige administrative Last lassen sich auf schlecht gemachte Klinikinformationssystem (KIS) und/oder auf Systeme zurückführen, die mit anderen internen oder externen Systemen nicht kompatibel sind. Ein typisches Beispiel:
«Überarbeiten von Diagnoselisten: verschiedene Kliniken benützen unterschiedliche Formatierungen für die Diagnosen […] als auch wie ausführlich die jeweiligen Diagnoselisten sind […] Sehen wir diese Patienten, sollten die nicht-kardiologischen Diagnosen ebenfalls aufgeführt werden, jedoch gekürzt und vom Format her so, wie es in unserer Klinik üblich ist, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.»
Solche Beispiele von inkompatiblen Systemen bzw. ineffizienten internen Prozessen, wurden sehr häufig genannt. Dasselbe gilt für doppelt oder dreifach erfasste Medikationspläne. Das sieht zum Beispiel, wenn externe Systeme involviert sind, so aus:
«Vorbestehende Medikation muss einzeln ins KIS übertragen werden, da Zuweisungsschreiben nicht kompatibel mit Kliniksoftware sind. Sie werden von Hand als Bild gescannt und nur mit inhomogener Dateibenennnung abgespeichert. Das erschwert das Auffinden der Dateien und ermöglicht keine Kopierfunktion des Textes.»
Ein weiterer Zeitfresser sind Rückfragen von Krankenkassen. Rund 26% der Antwortenden verbringen zwischen zwei und vier Stunden pro Woche mit dem Beantworten von Krankenkassenrückfragen, bei knapp sieben Prozent sind es gar mehr als vier Stunden. Auch in diesem Bereich ist ein Teil der Problematik auf Mängel bei der Digitalisierung zurückzuführen:
«Berichte und Rückfragen der Krankenkassen werden immer noch viel zu häufig in Papierform gesendet anstelle eines bearbeitbaren PDF.»
Diese Umfrageergebnisse konnten wir in den letzten Wochen Vertreter:innen des BAG, der GDK, des Spitalverbands H+, der FMH und von eHealth Suisse präsentieren. Mit ihnen haben wir darüber diskutiert, welche Wege weiterverfolgt werden können, um die Situation zu verbessern. Gerne hätten wir auch die Krankenkassenverbände dabei gehabt, diese lehnten das Gesprächsangebot aber leider ab.
EPD und Digisanté unterstützen
Aber auch ohne Krankenkassen können wir einiges erreichen. Konkret werden wir unter anderem folgende Punkte weiterverfolgen:
Das Elektronische Patientendossier (EPD) bei all seinen Schwächen kann einen wichtigen Beitrag leisten, um die in der Umfrage erhobenen Probleme zumindest teilweise zu lösen. Der vsao wird sich deshalb bei der Weiterentwicklung des EPD weiterhin konstruktiv einbringen und den Behörden als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt für das Programm Digisanté, mit dem der Bund die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben will. Digisanté kommt im Laufe dieses Jahres ins Parlament. Auch hier unterstützt der vsao die Anstrengungen des Bundes.
Erfolgsgeschichten gesucht
Der vsao sucht nach Erfolgsgeschichten und positiven Beispielen für gelungene Digitalisierungs- und Entbürokratisierungsprozesse und verbreitet diese auf eigenen wie auch auf externen Kanälen. Die Erfolgsgeschichten sollen einerseits in einer erneuten Datenerhebung gefunden, andererseits auch von eHealth Suisse vermittelt werden. Für die vsao-Spitalrose sollen in diesem Jahr Kliniken und Spitäler nominiert werden, die sich in Sachen Digitalisierung und Prozessoptimierung besonders innovativ gezeigt haben. Wir hoffen, dass über diesen Kanal weitere positive Beispiele gefunden werden, die als Vorbilder dienen können.
Bei diesen positiven Beispielen und Erfolgsgeschichten wollen wir auch aufzeigen, dass es ein Sparpotenzial für Spitäler gibt und dass sich Investitionen in Digitalisierung und Prozessoptimierung mittelfristig auszahlen.
Wir werden zu gegebener Zeit auch wieder zu einer Diskussion am Runden Tisch einladen, um alle bisher involvierten Akteur:innen weiterhin an Bord zu halten und auch in die Pflicht zu nehmen. Die Bürokratie ist ein entscheidendes Puzzleteil, insbesondere auch für die Arbeitszeitreduktion, die ohne Bürokratieabbau und Prozessoptimierung nicht zur erreichen sein wird.