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Planetary Health – Informationen für Patient:innen

Wie gefährdet die Klimaerhitzung unsere Gesundheit?

Die Auswirkungen der Klimakrise sind in der Schweiz bereits spürbar. Die steigenden Temperaturen, zunehmenden Extremwetterereignisse und die Veränderung von Ökosystemen haben auch direkte Auswirkungen auf unsere Gesundheit, wie folgende Beispiele zeigen:

  • Lungenerkrankungen: Der Klimawandel führt zu einer Zunahme von Atemwegserkrankungen, insbesondere durch erhöhte Luftverschmutzung und eine längere Allergiesaison.
  • Infektionskrankheiten: Veränderte klimatische Bedingungen begünstigen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber und Zecken-bedingten Erkrankungen.
  • Wasserversorgung: Veränderte Klimabedingungen beeinflussen die Wasserverfügbarkeit und -qualität, was Auswirkungen auf die Hygiene und die Verbreitung von damit zusammenhängenden Krankheiten hat.
  • Hitze: Die zunehmende Hitze kann Erschöpfung und Hitzeschläge auslösen und bestehende Erkrankungen wie Herz-/Kreislauf- oder Atemwegskrankheiten verschlimmern. Im Schweizer Rekordsommer 2003 betrug die hitzebedingte Übersterblichkeit 6.9 Prozent, das entspricht gut 1000 zusätzlichen Todesfällen.

Was tun Ärztinnen und Ärzte?

Ärzt:innen haben eine besondere Verantwortung, ihre Stimme gegen den Klimawandel zu erheben. Gemäss der WHO stellt der Klimawandel die grösste gesundheitliche Bedrohung unseres Jahrhunderts dar. Ärzt:innen haben deshalb eine Verantwortung und ein Interesse, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Dazu kommt: Weltweit trägt der Gesundheitssektor 4.6 Prozent zu den CO2-Gesamtemissionen bei, in der Schweiz sind es je nach Quelle zwischen 5.9 und 6.7 Prozent. Darum gibt es eine wachsende Bewegung der medizinischen Fachpersonen, die sich die Treibhausgasreduktion des Gesundheitssektors bis Netto Null zum Ziel gesetzt haben. In unserem Punkteplan gibt es Handlungsansätze für Ärzt:innen, wie sie dazu beitragen können.

Was kann ich als Patient:in tun?

Einige einfache Dinge im Alltag können grosse Vorteile für den Klimaschutz und für Ihre Gesundheit haben. Hierzu gehören genügend Bewegung und Nutzung von aktiven Verkehrsmitteln, eine gesunde und klimafreundliche Ernährung und ein wertschätzender Kontakt mit der Natur.

1. Gesunde Ernährung

Eine gesunde Ernährung beinhaltet eine ausgewogene Nährstoffaufnahme und die richtige Menge an Kalorien. Hier können Sie Ihren Kalorienbedarf ausrechnen. Ein besonderes Augenmerk sollte im Hinblick auf Gesundheit und Klima auf den Fleischkonsum gelegt werden. Wir essen deutlich zu viel Fleisch. Allgemein wird empfohlen, 2-3 mal pro Woche eine Portion à 100 g Fleisch zu konsumieren – Schweizerinnen und Schweizer verzehren fast das Dreifache. Unseren täglichen Bedarf an Eiweiss und Eisen können wir mit weniger als einem Drittel unseres jetzigen Fleischkonsums gut decken. Dies gilt für alle Alterskategorien unabhängig des Geschlechts.

Die Ursachen von Herz-/Kreislauf-Erkrankungen hängen stark mit unserem Verhalten zusammen. Studien haben gezeigt, dass der Fleischkonsum ein eigenständiger Risikofaktor ist. Gemäss der Eidgenössischen Ernährungskommission erhöht der Verzehr von zu viel Fleisch das Risiko für verschiedene Herz-/Kreislauf-Erkrankungen, namentlich für Hirnschläge und Bluthochdruck, sowie für Übergewicht und Diabetes. In der Schweiz sterben jährlich über 20’000 Menschen an Herz-/Kreislauf-Erkrankungen. In weiteren 17’000 Fällen sind diese für den Tod mitverantwortlich. Diese Krankheiten sind damit nach wie vor die häufigste Todesursache in der Schweiz.

Die zweitwichtigste Todesursache in der Schweiz sind Krebserkrankungen. In der Medizin ist der Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und dem Auftreten von Magen- und Dickdarmkrebs mittlerweile gut belegt. Dickdarmkrebs gehört aktuell bei den Frauen und Männern zu den drei häufigsten Krebsarten.

Was für alle genannten Krankheiten gilt: Fleisch ist nicht gleich Fleisch. Schädlich ist insbesondere der Konsum von rotem Fleisch und hochverarbeiteten Fleischprodukten wie zum Beispiel Wurstwaren, Speck oder Aufschnitt. Als mögliche Mechanismen gelten derzeit die Auswirkungen einiger Inhaltsstoffe auf den Körper. Beispielsweise können Salz, Hämeisen, Nitrosamine, Nitrite und Nitrate für die schädlichen Effekte verantwortlich sein.

Bei entzündlichen und Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Neurodermitis, Zöliakie oder Schuppenflechte kann eine pflanzenbasierte Ernährung helfen, die Symptome zu lindern.

.. und klimafreundliche Ernährung

Pflanzliche Ernährung ist umweltfreundlicher als der Konsum von Tierprodukten. Die Produktion von Fleisch, Eiern und Milchprodukten braucht riesige Flächen, grosse Mengen an Nahrung und Wasser und verursacht ein Vielfaches der Treibhausgasemissionen im Vergleich zur Produktion von pflanzlichen Produkten.

Wie schadet die Tierproduktion unserer Gesundheit?

Jährlich werden in der Schweizer Nutztierhaltung über 30 Tonnen Antibiotika angewendet, um bakterielle Infektionen zu behandeln. In keinem anderen Land in Europa erhalten Kühe so viele Antibiotika wegen Euterentzündungen wie in der Schweiz. Die Wirkstoffe sind oft dieselben wie diejenigen, die in der Medizin für den Menschen eingesetzt werden.

Die grösste Gefahr des Antibiotikagebrauchs stellen Resistenzentwicklungen dar, sodass bakterielle Infektionen nicht mehr behandelt werden können.

Drei Viertel aller neuen Infektionskrankheiten haben ihren Ursprung in Tieren. Beispiele sind die Schweinegrippe, die Vogelgrippe, SARS, Ebola, HIV und COVID-19.

Die zunehmende Massentierhaltung zur Fleisch- und Milchproduktion begünstigt durch schlechte hygienische Bedingungen und eine grosse Anzahl Tiere auf engstem Raum die Entstehung und Übertragung neuer Krankheiten, auch auf den Menschen. In der Schweizer Nutztierhaltung zeigt sich der Trend zu immer weniger, immer grösseren Betrieben. Tierfreundliche Haltung ist nicht mehr rentabel und wird verdrängt. Mit unserem grossen Fleischkonsum unterstützen wir diese Entwicklung.

2. Gesunde Bewegung

Bewegung fördert die Leistung des Herzens und die Elastizität der Gefässe. Wer mit dem Fahrrad fährt anstatt mit dem Auto, verbrennt zwischen 300 und 500 kcal pro Stunde. Ausserdem ist man gerade in der Stadt oft schneller mit dem Fahrrad am Ziel als mit dem Auto und es entsteht weniger Lärm.

Mit regelmässiger körperlicher Aktivität reduziert sich das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-/Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Knochenschwund (Osteoporose) sowie Darm- und Brustkrebs. Auch wirkt sich Bewegung positiv auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität aus.

Körperlich aktive Menschen leben länger, sie sind im Alter geistig fitter und weniger pflegebedürftig. Allfällige schädliche Auswirkungen körperlicher Aktivität sind deutlich geringer als solche eines Bewegungsmangels.

Erwachsene sollten sich idealerweise mindestens 2 ½ Stunden pro Woche in Form von Alltagsaktivitäten oder Bewegung mittlerer Intensität bewegen. Alternativ können auch 1 ¼ Stunden Sport oder Bewegung mit hoher Intensität oder eine Kombination von beidem empfohlen werden. Idealerweise wird die Aktivität auf mehrere Tage in der Woche verteilt.

Bei älteren Menschen muss die Empfehlung je nach Gesundheitszustand angepasst werden. Grundsätzlich gilt aber: Auch ältere Menschen sollten regelmässig körperlich aktiv sein. Wer bereits aktiv ist, kann mit einem zusätzlichen Trainieren von Kraft, Gleichgewicht, Beweglichkeit und Ausdauer noch mehr für seine Gesundheit, sein Wohlbefinden, seine Leistungsfähigkeit und Selbständigkeit tun.

Jugendliche sollten sich mindestens 1 Stunde pro Tag bewegen, jüngere Kinder deutlich mehr. Darüber hinaus sollten junge Menschen mehrmals pro Woche Aktivitäten durchführen, welche die Knochen stärken, Herz und Kreislauf anregen, die Muskeln kräftigen, die Beweglichkeit erhalten und die Geschicklichkeit verbessern.

…und klimafreundliche Bewegung

Der motorisierte Verkehr ist für 21 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich, mehr als die Hälfte davon stammt vom Personenverkehr. Laut Prognosen steigen die Emissionen in den nächsten Jahrzehnten weiter an. Rund die Hälfte aller Kurzstrecken unter 5 km werden in den Städten mit Autos zurückgelegt. Gerade diese Strecken würden sich besonders für eine Fahrt mit dem Fahrrad eignen. Pro 100 Kilometer produziert ein Kleinauto 30kg CO2, ein Geländewagen sogar 40kg CO2, während die Fahrt mit dem Velo keine Emissionen verursacht.

Auch verursacht die Produktion eines Autos etwa 15mal so viele Emissionen wie die eines Fahrrads. Dazu kommt, dass Autos viel mehr Platz und Strassenfläche benötigen. Mit einem Bus können je nach Modell zwischen 100 und 200 Personen befördert werden, was pro Person einen viel geringeren Treibhausgasausstoss bedeutet. Dasselbe gilt in grösserem Rahmen für Züge. Für kurze Strecken ist daher das Fahrrad oder das Gehen zu Fuss zu empfehlen, bei längeren Strecken die öffentlichen Verkehrsmittel.

3. Gesunder Kontakt mit der Natur

In der Natur sein bedeutet für viele Menschen eine willkommene Möglichkeit zur Erholung, Entspannung und Entfernung vom Alltag. Das Spazieren, Geniessen oder Sporttreiben in der Natur ist mit einer erhöhten Stresstoleranz verbunden und hilft für einen besseren Schlaf. Grünflächen und Wälder mildern Lärm, Feinstaub und Hitze. Sie regen zur Bewegung an und sind beliebte Treffpunkte.

Schon nach wenigen Minuten in der Natur sinken Blutdruck und Puls, ebenso wie der Cortisolgehalt im Blut. Der Herzrhythmus reagiert flexibler auf Belastung. All das sind Indikatoren für die Entspannung des Körpers. Der Aufenthalt in der Natur verbessert die Konzentration und hebt die Stimmung. Naturerlebnisse machen uns sozialer, toleranter und steigern die Frustrationstoleranz.

Durch den Kontakt mit Bergen, Wald, Grünflächen und Tieren empfinden wir nicht nur ein tieferes Verbundensein mit unserer Umwelt, sondern können auch eine erhöhte Motivation für ein umweltfreundliches Verhalten entwickeln.

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